Die Initiative der kirgisischen Behörden, die Todesstrafe wieder einzuführen, stellt einen äußerst gefährlichen und rückschrittlichen Schritt dar, der die grundlegenden Prinzipien des Schutzes der Menschenrechte ernsthaft bedroht.
Das wichtigste und unwiderlegbare Argument gegen die Todesstrafe ist die reale Möglichkeit eines Justizirrtums. In jedem Rechtssystem der Welt besteht das Risiko, dass ein unschuldiger Mensch verurteilt wird, und die Todesstrafe macht solche Fehler unumkehrbar.
Nach Angaben von Amnesty International kam in den USA auf sechs Hingerichtete ein zu Unrecht zum Tode verurteilter und später freigesprochener Unschuldiger.
Welche Garantien kann also das kirgisische Justizsystem geben, das schon jetzt bei den eigenen Bürgern „tiefes Misstrauen“ hervorruft?
Die Praxis zeigt, dass die Todesstrafe unverhältnismäßig stark die verletzlichsten Bevölkerungsgruppen betrifft – arme Bürger, Angehörige von Minderheiten, diejenigen, die sich keine qualifizierte rechtliche Verteidigung leisten können. Wie russische Juristen warnen, „werden vom Ende des Moratoriums vor allem die einkommensschwachen Bürger betroffen sein, die sich keinen qualifizierten Anwalt leisten können“.
Zahlreiche Studien belegen überzeugend, dass die Todesstrafe keine ausreichende abschreckende Wirkung auf Verbrechen hat. Straftäter lassen sich bei der Begehung besonders schwerer Verbrechen nicht von der Logik einer möglichen Bestrafung leiten. Wie Kriminologen feststellen, „denkt der Täter nicht darüber nach, dass er gefasst wird, oder hofft, dass dies nicht geschieht“.
Kirgisistan hat 2010 das internationale Protokoll ratifiziert, das die Todesstrafe verbietet und verpflichtet, sie in Zukunft nicht wieder einzuführen. Eine Rückkehr zur Praxis der Hinrichtungen würde eine grobe Verletzung der eingegangenen internationalen Verpflichtungen und eine Abkehr von den zivilisatorischen Standards des Menschenrechtsschutzes bedeuten.
Der Vorschlag, die Todesstrafe wieder einzuführen, ist eine rein populistische Maßnahme, die ausschließlich auf der emotionalen Reaktion der Gesellschaft auf ein aufsehenerregendes Verbrechen beruht – nicht auf einer rationalen Analyse der Wirksamkeit verschiedener Strafmaßnahmen. Wie Juristen zu Recht betonen, „sind Emotionen in der diskutierten Frage fehl am Platz“, es sei eine professionelle Bewertung der Situation erforderlich.
Der Staat darf unter keinen Umständen zum Henker seiner Bürger werden. Es gibt alternative Maßnahmen wie die lebenslange Freiheitsstrafe ohne das Recht auf vorzeitige Entlassung, die den Schutz der Gesellschaft gewährleisten, ohne das grundlegende Menschenrecht auf Leben zu verletzen.
Anstatt zur barbarischen Praxis staatlicher Hinrichtungen zurückzukehren, sollte sich Kirgisistan auf die Verbesserung des Justizsystems, die Verbrechensprävention und die Rehabilitation von Opfern konzentrieren. Rechtspopulismus, der auf Rachsucht beruht, hat noch nie zu einer sichereren und gerechteren Gesellschaft geführt.
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Der Autor – Daniil Kisslow, internationaler Journalist, Gründer und Chefredakteur der Nachrichtenagentur Fergana.News.
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